29. Juli 2019
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Transformation von Geschäftsmodellen: Neues kann nur entstehen, wenn Altes zerstört wird

Erfolg und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen hängen direkt von deren Innovationsfähigkeit ab. Die Forderung nach «Transformation und Erneuerung» auf allen Ebenen trifft sichtlich den Nerv der Zeit. Sie gibt denn auch die latente Unzufriedenheit mit dem «Anpassen der Organisationen» an den beschleunigten Wandel im Umfeld wieder. Somit stellen die Trägheit und Stagnation von Unternehmen betreffend Transformation von Geschäftsmodellen eine der aktuell bedeutendsten Management-Herausforderungen dar. Mit dem Lösen dieser Fragestellung tun wir uns schwer, obwohl wir breit angelegte Innovationsinitiativen wie Boost-Camps, Innovation-Labs oder Lean-Start-Ups umsetzen.

Könnte es sein, dass unser Blickwinkel auf die Fragestellung falsch ausgerichtet ist? Wir formulieren folgende provozierende These:

Die Ursachen für die Trägheit und Stagnation von Unternehmen liegen begründet in einer grundsätzlichen Fehlinterpretation des Managements bezüglich der Erfolgsfaktoren der Transformation von Geschäftsmodellen: Die Wettbewerbsfähigkeit verschlechtert sich nicht, weil man zu wenig für die Innovation unternimmt. Sie sinkt vielmehr, weil man zu viel Fokus und Energie in die Absicherung bestehender Geschäftsaktivitäten investiert.

Wir haben in den vergangenen 25 Jahren immer wieder beobachtet, dass Neues zu schaffen vorgängig eine Bereinigung des Status Quo erfordert. Auch für Ihr Unternehmen gilt dementsprechend das universelle Gesetz, dass Neues nur entstehen kann, wenn Altes zerstört wird. Für eine erfolgreiche Transformation von Geschäftsmodellen müssen wir unsere ungenügende Maturität im Umgang mit Transformationen überwinden. Folgende drei Regeln gilt es dabei zu befolgen:

Diese drei Ankerpunkte sind für die erfolgreiche Transformation von Geschäftsmodellen zwingend zu berücksichtigen. Im zweiten Teil dieses Blogbeitrags werden wir sie konkretisieren und weiter erläutern. Um eine optimale Einbettung dieser Feststellungen in einen Management-Kontext zu gewährleisten, folgt nun eine Begründung für deren strategische Relevanz.

Ihr Unternehmen will eine Transformation von Geschäftsmodellen erfahren? Ja, aber wehe dem, der es wagt den Status Quo in Frage zu stellen…

70 Jahre kontinuierlich positive wirtschaftliche Entwicklung und Wohlstand haben insbesondere in der Schweiz das Gleichgewicht von Bewahrung und Zerstörung verschoben. Denn die Fähigkeit zu zerstören wurde nicht mehr aktiv geübt und droht nun zu verkümmern. Der «Mainstream» orientiert sich an folgender Maxime: Manager werden über die Qualität getroffener Entscheidungen beurteilt.

So weit, so gut – wäre da nicht die Restriktion, dass in jeder Unternehmung eine spezifische Erfolgs-Logik in der DNA abgespeichert ist, die den Erfolg der Vergangenheit reflektiert und über Geschäftsleitung und Verwaltungsrat in die Zukunft perpetuiert wird. Dieses Erfolgs-Logik-Framework, das über das Führungssystem institutionalisiert und damit fest verankert wurde, bestimmt im Wesentlichen, wie man Entscheidungen trifft und Ressourcen alloziert. Es ist genau dieses Entscheidungs-Framework, welches die Erfolgsregeln diktiert und damit Aktionen als «Erfolg» oder «Misserfolg» taxiert. Welches Andersdenkende im Unternehmen marginalisiert und die kulturellen Werte prägt.

Am erfolgversprechendsten sind analog der Ära von Königen und Sultanen Entscheidungsfindungslogiken mit kurzen und einfachen Vorschlägen, die die bestehende «Weltordnung» reflektieren. «No one ever got fired for buying IBM» ist ein aus dem Main-Frame-Zeitalter stammendes Gleichnis und symbolisiert die angesprochene Denkhaltung. Denn niemand stellt im Normalfall gewachsenes Verhalten in Frage. Wir entscheiden uns fast immer für den «gewöhnlichen, bewährten Weg», auch wenn die Vorteile von neuen Ideen offenkundig sind. Dies drückte bereits Voltaire (1694-1778) mit seinem Sprichwort «Das Bessere ist des Guten Feind» aus. Denn nicht nur wir als Menschen sind träge, sondern konsequenterweise auch die Organisationen, in denen wir uns bewegen.

Mythologischer Deep Dive: Gleichgewicht zwischen Bewahrung und Erneuerung durch Zerstörung als «Universalgesetz»?

Es ist keine Neuigkeit, dass Zerstörung und Erneuerung aus einer Systemperspektive in einer logischen Ordnung stehen. Die fernöstliche Philosophie symbolisiert beispielsweise diese Sichtweise mit der Gottheit Trimurti. Trimurti ist die hinduistische Dreieinigkeit, welche die Vereinigung der drei kosmischen Funktionen der Erschaffung, Bewahrung und Zerstörung mit den drei Göttern Brahma als Schöpfer, Vishnu als Bewahrer und Shiva als Zerstörer darstellt. Sie wird entweder durch die drei Götter nebeneinander, als eine einzige Figur mit drei Köpfen oder in einer dreiköpfigen Figur mit sechs Armen dargestellt. Die Trimurti symbolisiert, dass alle göttlichen Wirkungen von einer Einheit ausgehen, da die drei Aspekte sich gegenseitig bedingen und ergänzen. Die hinduistische Mythologie sieht Shiva als den glühendsten Verehrer Vishnus und Vishnu als den besten Shivaiten, da beide – der Zerstörer und der Bewahrer – ständig übereinander nachdenken.

So viel zur fernöstlichen Philosophie. Doch ist dieses Verhalten auch mit dem heutigen Führungsverständnis in Organisationen kompatibel?

Transformation von Geschäftsmodellen

Abbildung 1: Die drei Gottheiten Brahma, Vishnu und Shiva als Symbol für das hinduistische Konzept «Trimurti»

Mit Wachstum und finanziellem Erfolg nimmt die Bereitschaft von Unternehmen ab, sich grundsätzlich zu hinterfragen.

Würde diese Behauptung zutreffen, dann könnte dies existenzbedrohende Auswirkungen auf Ihr Unternehmen haben, denn: Mit dem erfolgreichen Fortbestehen von Firmen nehmen bewahrende Kräfte innerhalb des Unternehmens zu, gleichzeitig die zerstörenden und erneuernden Kräfte ab. Man sucht zwar nach Transformation, doch der vergleichsweise geringe wirtschaftliche Druck lässt Innovationen eher als «nice to have», denn als eine wirtschaftliche Notwendigkeit betrachten. Fast gänzlich zum Erliegen kommen jene Kräfte, welche die Funktionsweise der Unternehmen grundsätzlich hinterfragen.

Demgegenüber stehen die Dynamik der technologischen Entwicklung und Erwartungen der Kunden in einem immer stärker vernetzten, globalen Wirtschaftssystem. Diese Marktrealitäten beeinflussen Umfang und Erfolgswahrscheinlichkeit von Innovationen: In gesättigten Märkten werden erfolgreiche Innovationen seltener und bedingen einen immer grösseren Implementierungs-Aufwand. Mit voranschreitender Marktsättigung nimmt dementsprechend der Innovationsspielraum ab.

Diametral entgegengesetzt zu dieser Forderung steht die Notwendigkeit und Bedeutung, die der Transformation von Geschäftsmodellen attribuiert wird. Eine 2017 durchgeführte Umfrage von Switzerland Global Enterprise (S-GE) zeigt, dass für KMU-Exporteure innovative Geschäftsmodelle zukunftsweisend sind. Daniel Küng, CEO von S-GE, teilt mit: «Der grossen Mehrheit der KMU ist es völlig klar, dass sie ihr Geschäftsmodell überdenken müssen. Nun gilt es, diese Herausforderung noch bewusster anzupacken und über den Tellerrand zu schauen. Denn die clevere Anpassung des Geschäftsmodells auf jeden einzelnen Zielmarkt ist die Voraussetzung für internationale Wettbewerbsfähigkeit».

Vor der Lancierung eines Transformationsprojekts müssen wir die Frage des bewussten Zerstörens thematisieren. Nur so erhöhen wir massgeblich den Erfolg von Transformationsprojekten und dämmen damit verbundene Risiken ein. Wir hoffen, dass uns spätestens jetzt bewusst ist, dass Zerstören und Erneuern untrennbar miteinander verknüpft sind. Doch wir wissen auch, wie schwierig sich dieser Prozess gestaltet und wie ungern wir uns aus unserer Komfortzone bewegen. Im zweiten Teil des Blogbeitrags gehen wir deshalb nochmals extensiv auf die drei Ankerpunkte ein. Wir zeigen Ihnen einen Weg auf, wie Sie Transformation von Geschäftsmodellen in eine zukunftweisende Richtung lenken. Wenn Sie uns auf LinkedIn folgen, werden Sie diesen und alle weiteren Beiträge bestimmt nicht verpassen.

Marco Brogini
Dr. Marco Brogini
Senior Partner

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